Aufgrund mehrmaliger Anfragen gibt es
dieses Mal kein Update über Erlebtes, andere Länder und Sitten,
sondern einen kleinen Einblick in das Leben auf Achse.
Einer der wesentlichen Unterschiede
zwischen dem Leben zuhause und auf reisen betrifft die Befriedigung
der Bedürfnisse. Würde man die Maslow'sche Bedürfnispyramide
heranziehen, ist unterwegs die tägliche Herausforderung die
Grundbedürfnisse zu befriedigen.
Wo schläft man? Wo isst und trinkt
man? Was unternimmt man?
Okay, die letzte der Fragen findet man
dann doch am anderen Ende der Pyramide.
Vor allem muss man sich den Unterschied
zwischen Urlaub und Reise bewusst sein, denn da findet man die
Ursache für das Verhalten (siehe
Erläuterungen unten) und so manch sonderbare Ereignisse von
Reisenden:
Der
Begriff Reise
bedeutet im Sinne der Verkehrswirtschaft
die
Fortbewegung einer oder mehrerer Personen über eine längere Zeit zu
Fuß
oder
mit öffentlichen
oder
nichtöffentlichen Verkehrsmitteln
außerhalb
des Wirtschaftsverkehrs,
um ein angestrebtes einzelnes Ziel zu erreichen oder mehrere Orte bis
zur Beendigung der Fahrt am Ausgangsort kennenzulernen (Rundreise).
Im fremdenverkehrswirtschaftlichen
Sinne
umfasst eine Reise sowohl die Ortsveränderung selbst als auch den
Aufenthalt am Zielort.
Urlaub
ist die Zeit,
die ein arbeitsfähiger Arbeitnehmer,
Beamter,
Soldat
oder
auch Selbstständiger
von
seinem Arbeitsplatz
berechtigt
fernbleibt, obwohl nach Tages- und Wochenzeit eigentlich
Arbeitsleistungen zu erbringen wären.
Oft
wird 'Urlaub' mit Erholungsurlaub
gleichgesetzt.
a. der Rucksack:
(auch genannt Backpack) ist eine Art
Hassliebe. Vorrangig ist er der praktische Freund, der hilft sein Hab
und Gut von A nach B zu transportieren bzw. es vor anderen Personen
und Schmutz zu schützen. Allerdings wird er verflucht, wenn das
Gewicht von Woche zu Woche zulegt und es mühsam wird ihn zu
schleppen. Sobald eine Gewichtsgrenze überschritten wird, wird a)
gnadenlos aussortiert b) etwas im jeweils anderen Rucksack heimlich
versteckt c) ein Paket nach Hause geschickt oder d) neu über die
Aufteilung der Gemeinschaftsgegenstände verhandelt
Nur soviel – M verhandelt äußerst
schlecht ;)
Interessant ist der Gegensatz zwischen
weiblicher und männlicher Struktur im Rucksack. H bevorzugt die
'alles-so-schnell-wie-möglich-in-den-Rucksack-stopfen' Technik,
während M stundenlang und detailverliebt seine Sachen beinahe
alphabetisch einordnet.
b. das Shoppen:
Auch hierbei hat
man den Rucksack, mehr noch dessen Gewicht ständig im Hinterkopf.
Zusätzliche Kleidung, Geräte oder Schnickschnack – zusätzliche
Kilos. Somit ist der Rucksack eine gewisse Insignie für das
'Sparefrohsein'. Ob man diese Eigenschaft komplett verlernen kann
steht in den Sternen. Wenn ja, könnte man(n) dies als Therapie für
(ihre) 'Shoppingqueen(s)' anwenden.
Auf alle Fälle
ist es kaum zu glauben, wie zufrieden man mit einer beschränkten,
kaum rotierenden Auswahl an Kleidern sein kann.
Falls wir das
versehentlich beibehalten sollten und man uns stets mit dem gleichen
Outfit in Ö antrifft, bitte uns umgehend darauf aufmerksam machen.
c. Wenn sich zwei streiten...:
Nochmals zurück zur anfänglichen
Pyramide.
Wird ein bestimmtes Bedürfnis nicht
befriedigt, entstehen zwangsläufig zwischenmenschliche Konflikte die
das Ergebnis einer veränderten Stimmung ist, allen voran die
berüchtigte weibliche 'Futtergrantigkeit'. In unserem Fall
entstehen 90% der seltenen Streitigkeiten wenn H 'futtergrantig' ist.
d. die Nahrungsaufnahme:
um Punkt c vorzubeugen.
in manchen Ländern eine Lotterie!
Speziell in Russland, in der Mongolei und (vor allem) in China hofft
und bangt man nach der Bestellung, dass das Gewählte für
empfindliche, europäische Mägen ess- und verdaubar ist. Da man die
Speisekarte (wenn es überhaupt eine gibt) nicht entziffern kann,
verlässt man sich aufs Bauchgefühl und zeigt auf jenes, welches die
hübschesten chinesischen Zeichen hat. Wenn man Glück hat, landet
kein Hund, Affe, Katze oder irgendwelche Genitalien auf deinem
Teller. Aber eigentlich würde man es wahrscheinlich eh nicht
bemerken, denn alles ist essbar!
In anderen Länder hat man auch die
Möglichkeit selbst zu kochen. Dann gibt es sogar manchmal
österreichische Küche (Fritattensuppe, Apfelkompott, Jause, etc.)
Und ja, man träumt öfters von den
Leckerein zuhause – Hollersaft, Most, dunkles Brot, 'Erdäpfinudln',
Apfelstrudl,...
Somit
ist die kulinarische 'Weltreise' spannend, abwechslungsreich und
meist sehr lecker.
e. der ökonomische Aspekt:
Tatsache ist, dass
sowohl Reisende als auch Urlauber den besuchten Staat finanziell
unter die Arme greifen und den terziären Wirtschaftssektor ankurbeln.
Speziell
in 'ärmeren' Ländern wird man als wandelnder Geldschein betrachtet
und dementsprechend heiß umworben. Das kann bei der Kombination
Hitze, schwerer Rucksack und Schlafentzug etwas aggressiv machen
(Liebe Grüße nach Indien)
f. Teammanagement und die
Arbeitsaufteilung:
M ist
verantwortlich für die Ressorts Finanzen, Infrastruktur sowie
Gesundheit. Auch ist er als Ratgeber für Ressourcen und Beschaffung
tätig und bekleidet den Posten des PR-Chefs.
während H
eben für den Bereich Ressourcen und Beschaffung sowie Kultur und
Tourismus zuständig ist und auch die Position als Außenministerin
inne hat.
Was bedeutet das
nun auf Deutsch?
M hat die
Obhut der Kreditkarte und schleppt die Reiseapotheke in seinem
Rucksack, gibt Inputs während des Einkaufens, packt gewissenhaft die
gemeinnützigen Reiseutensilien und schreibt die Blogeinträge.
H füllt
die Einkaufswägen, studiert die Reiseführer, hält Kontakt zur
Heimat und ist sehr kontaktfreudig.
g. Kurioses:
- die größten Verschleißartikel sind
Sonnenbrillen. Weit über 10 wurden bereits zerstört oder verloren.
- H's Putzfimmel begleitet uns auch auf
der Reise. So wurden unsere Campingmobile um vieles sauberer
retourgebracht oder in manchen Hostel sind plötzlich die
Küchenkästen blitzeblank.
- Eine angenehme, aber wichtige Aufgabe
ist das Testen der Biersorten rund um den Globus (juhu - es gibt so viele)
- Man bemerkt, dass 5 Wochen Urlaub im Jahr viel zu wenig sind.
h. Veränderung der Hard- und
Softskills:
Reisen bildet –
nicht nur das sämtliche Fremdsprachen trainiert werden und vor allem
Englisch fast zur zweiten Muttersprache wird, wird man auch
zwangsläufig in Geschichte, Geografie, Ökonomie, Biologie, Religion
und Kultur des jeweiligen Landes unterrichtet.
Bei den
sogenannten sozialen Kompetenzen muss man vor allem die Toleranz
gegenüber anderen/anderes/fremdes nennen.
Zusätzlich
verbessert man seine Geduld (warten auf Fortbewegungsmittel,
Konversation mit Begriffstutzigen), Flexibilität (es gibt keine
g'mahte Wiesn), Wahrnehmung (man schärft wieder seine 5 Sinne),
Entscheidungsfreudigkeit (unglaublich wie viel mehr Entscheidungen
man tgl. treffen muss im Vergleich mit zuhause), Belastbarkeit
(gegenüber (indischen) Quälgeistern, ungeplante negative
Situationen), Kommunikationsfähigkeit (na-no-na-net),
Eigenmotivation und vieles mehr.
Desweiteren übt
man sich als Arzt, Entertainer, Einkäufer, Koch, Guide, Organisator,
Caddy und Werbebotschafter für Österreich.
Allerdings ist die
Dosis des Reisen entscheidend für die oben angeführten
Entwicklungen, denn bei einer Überdosis kann das sehr schnell zu
eigenartiges Verhalten führen (Man begegnet laufend diese Spezies).
Denn wer will schon facebooksüchtiger Einzelgänger werden, Monologe
bei Konversationen führen, nie wieder arbeiten wollen, akribische
Tagebücher führen oder Straßenjongleur in Buenos Aires werden?
i. Ranking der Reiseutensilien:
- Kreditkarte (jeder/jedes ist käuflich)
- iPod (schnelle Hilfe für fast alles)
- Kamera (die menschliche Speicherkarte ist viel zu klein)
- Kompass (um überall hin- und zurück zu finden)
- Hüttenschlafsack (nicht jedes Bett will man direkt berühren)
j. das Heimweh:
oh ja, das hat man auch manchmal!
wenn Triviales nicht so läuft wie
geplant,
wenn man bei einer anstrengenden
Bergwanderung Tee und Reis vorgesetzt bekommt anstatt Most und Jause,
wenn man das Gefühl, dass Einheimische
ständig versuchen einen abzuzocken,
wenn man in eine neues Land einreist,
und wenn man zu viel Kontakt mit
zuhause hat ;)

Hallo ihr Beiden!
AntwortenLöschendanke fuer den schoenen text, ich hab schmunzeln muessen da ich mich in einigen eurer Erfahrungen durchaus reinversetzen kann. Wir bekaempfen unser Heimweh nun bald mit unserer Rueckkehr, Anfang Jaenner sind wir wieder in AT. Wann ist eure Heimkehr nun eigentlich geplant? Oder laesst ihr euch noch treiben?
Jedenfalls wuenschen wir euch noch eine gute Zeit und Frohe Weihnachten, bis bald in Oesterreich!
LG,
Andreas & Iris
PS: Parabéns! Feliz aniversário para ti, caro Heike
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