H&M on the road ....

Sonntag, 2. Dezember 2012

Aus dem Leben eines Reisenden – eine Satire



Aufgrund mehrmaliger Anfragen gibt es dieses Mal kein Update über Erlebtes, andere Länder und Sitten, sondern einen kleinen Einblick in das Leben auf Achse.

Einer der wesentlichen Unterschiede zwischen dem Leben zuhause und auf reisen betrifft die Befriedigung der Bedürfnisse. Würde man die Maslow'sche Bedürfnispyramide heranziehen, ist unterwegs die tägliche Herausforderung die Grundbedürfnisse zu befriedigen.
Wo schläft man? Wo isst und trinkt man? Was unternimmt man?
Okay, die letzte der Fragen findet man dann doch am anderen Ende der Pyramide.

Vor allem muss man sich den Unterschied zwischen Urlaub und Reise bewusst sein, denn da findet man die Ursache für das Verhalten (siehe Erläuterungen unten) und so manch sonderbare Ereignisse von Reisenden:

Der Begriff Reise bedeutet im Sinne der Verkehrswirtschaft die Fortbewegung einer oder mehrerer Personen über eine längere Zeit zu Fuß oder mit öffentlichen oder nichtöffentlichen Verkehrsmitteln außerhalb des Wirtschaftsverkehrs, um ein angestrebtes einzelnes Ziel zu erreichen oder mehrere Orte bis zur Beendigung der Fahrt am Ausgangsort kennenzulernen (Rundreise). Im fremdenverkehrswirtschaftlichen Sinne umfasst eine Reise sowohl die Ortsveränderung selbst als auch den Aufenthalt am Zielort.

Urlaub ist die Zeit, die ein arbeitsfähiger Arbeitnehmer, Beamter, Soldat oder auch Selbstständiger von seinem Arbeitsplatz berechtigt fernbleibt, obwohl nach Tages- und Wochenzeit eigentlich Arbeitsleistungen zu erbringen wären. Oft wird 'Urlaub' mit Erholungsurlaub gleichgesetzt.


a. der Rucksack:
(auch genannt Backpack) ist eine Art Hassliebe. Vorrangig ist er der praktische Freund, der hilft sein Hab und Gut von A nach B zu transportieren bzw. es vor anderen Personen und Schmutz zu schützen. Allerdings wird er verflucht, wenn das Gewicht von Woche zu Woche zulegt und es mühsam wird ihn zu schleppen. Sobald eine Gewichtsgrenze überschritten wird, wird a) gnadenlos aussortiert b) etwas im jeweils anderen Rucksack heimlich versteckt c) ein Paket nach Hause geschickt oder d) neu über die Aufteilung der Gemeinschaftsgegenstände verhandelt
Nur soviel – M verhandelt äußerst schlecht ;)
Interessant ist der Gegensatz zwischen weiblicher und männlicher Struktur im Rucksack. H bevorzugt die 'alles-so-schnell-wie-möglich-in-den-Rucksack-stopfen' Technik, während M stundenlang und detailverliebt seine Sachen beinahe alphabetisch einordnet.

b. das Shoppen:
Auch hierbei hat man den Rucksack, mehr noch dessen Gewicht ständig im Hinterkopf. Zusätzliche Kleidung, Geräte oder Schnickschnack – zusätzliche Kilos. Somit ist der Rucksack eine gewisse Insignie für das 'Sparefrohsein'. Ob man diese Eigenschaft komplett verlernen kann steht in den Sternen. Wenn ja, könnte man(n) dies als Therapie für (ihre) 'Shoppingqueen(s)' anwenden.
Auf alle Fälle ist es kaum zu glauben, wie zufrieden man mit einer beschränkten, kaum rotierenden Auswahl an Kleidern sein kann.
Falls wir das versehentlich beibehalten sollten und man uns stets mit dem gleichen Outfit in Ö antrifft, bitte uns umgehend darauf aufmerksam machen.

c. Wenn sich zwei streiten...:
Nochmals zurück zur anfänglichen Pyramide.
Wird ein bestimmtes Bedürfnis nicht befriedigt, entstehen zwangsläufig zwischenmenschliche Konflikte die das Ergebnis einer veränderten Stimmung ist, allen voran die berüchtigte weibliche 'Futtergrantigkeit'. In unserem Fall entstehen 90% der seltenen Streitigkeiten wenn H 'futtergrantig' ist.

d. die Nahrungsaufnahme:
um Punkt c vorzubeugen.
in manchen Ländern eine Lotterie! Speziell in Russland, in der Mongolei und (vor allem) in China hofft und bangt man nach der Bestellung, dass das Gewählte für empfindliche, europäische Mägen ess- und verdaubar ist. Da man die Speisekarte (wenn es überhaupt eine gibt) nicht entziffern kann, verlässt man sich aufs Bauchgefühl und zeigt auf jenes, welches die hübschesten chinesischen Zeichen hat. Wenn man Glück hat, landet kein Hund, Affe, Katze oder irgendwelche Genitalien auf deinem Teller. Aber eigentlich würde man es wahrscheinlich eh nicht bemerken, denn alles ist essbar!
In anderen Länder hat man auch die Möglichkeit selbst zu kochen. Dann gibt es sogar manchmal österreichische Küche (Fritattensuppe, Apfelkompott, Jause, etc.)
Und ja, man träumt öfters von den Leckerein zuhause – Hollersaft, Most, dunkles Brot, 'Erdäpfinudln', Apfelstrudl,...
Somit ist die kulinarische 'Weltreise' spannend, abwechslungsreich und meist sehr lecker.

e. der ökonomische Aspekt:
Tatsache ist, dass sowohl Reisende als auch Urlauber den besuchten Staat finanziell unter die Arme greifen und den terziären Wirtschaftssektor ankurbeln.
Speziell in 'ärmeren' Ländern wird man als wandelnder Geldschein betrachtet und dementsprechend heiß umworben. Das kann bei der Kombination Hitze, schwerer Rucksack und Schlafentzug etwas aggressiv machen (Liebe Grüße nach Indien)

f. Teammanagement und die Arbeitsaufteilung:
M ist verantwortlich für die Ressorts Finanzen, Infrastruktur sowie Gesundheit. Auch ist er als Ratgeber für Ressourcen und Beschaffung tätig und bekleidet den Posten des PR-Chefs.
während H eben für den Bereich Ressourcen und Beschaffung sowie Kultur und Tourismus zuständig ist und auch die Position als Außenministerin inne hat.

Was bedeutet das nun auf Deutsch?
M hat die Obhut der Kreditkarte und schleppt die Reiseapotheke in seinem Rucksack, gibt Inputs während des Einkaufens, packt gewissenhaft die gemeinnützigen Reiseutensilien und schreibt die Blogeinträge.
H füllt die Einkaufswägen, studiert die Reiseführer, hält Kontakt zur Heimat und ist sehr kontaktfreudig.

g. Kurioses:
- die größten Verschleißartikel sind Sonnenbrillen. Weit über 10 wurden bereits zerstört oder verloren.
- H's Putzfimmel begleitet uns auch auf der Reise. So wurden unsere Campingmobile um vieles sauberer retourgebracht oder in manchen Hostel sind plötzlich die Küchenkästen blitzeblank.
- Eine angenehme, aber wichtige Aufgabe ist das Testen der Biersorten rund um den Globus (juhu - es gibt so viele)
- Man bemerkt, dass 5 Wochen Urlaub im Jahr viel zu wenig sind.

h. Veränderung der Hard- und Softskills:
Reisen bildet – nicht nur das sämtliche Fremdsprachen trainiert werden und vor allem Englisch fast zur zweiten Muttersprache wird, wird man auch zwangsläufig in Geschichte, Geografie, Ökonomie, Biologie, Religion und Kultur des jeweiligen Landes unterrichtet.
Bei den sogenannten sozialen Kompetenzen muss man vor allem die Toleranz gegenüber anderen/anderes/fremdes nennen.
Zusätzlich verbessert man seine Geduld (warten auf Fortbewegungsmittel, Konversation mit Begriffstutzigen), Flexibilität (es gibt keine g'mahte Wiesn), Wahrnehmung (man schärft wieder seine 5 Sinne), Entscheidungsfreudigkeit (unglaublich wie viel mehr Entscheidungen man tgl. treffen muss im Vergleich mit zuhause), Belastbarkeit (gegenüber (indischen) Quälgeistern, ungeplante negative Situationen), Kommunikationsfähigkeit (na-no-na-net), Eigenmotivation und vieles mehr.
Desweiteren übt man sich als Arzt, Entertainer, Einkäufer, Koch, Guide, Organisator, Caddy und Werbebotschafter für Österreich.

Allerdings ist die Dosis des Reisen entscheidend für die oben angeführten Entwicklungen, denn bei einer Überdosis kann das sehr schnell zu eigenartiges Verhalten führen (Man begegnet laufend diese Spezies). Denn wer will schon facebooksüchtiger Einzelgänger werden, Monologe bei Konversationen führen, nie wieder arbeiten wollen, akribische Tagebücher führen oder Straßenjongleur in Buenos Aires werden?

i. Ranking der Reiseutensilien:
  1. Kreditkarte (jeder/jedes ist käuflich)
  2. iPod (schnelle Hilfe für fast alles)
  3. Kamera (die menschliche Speicherkarte ist viel zu klein)
  4. Kompass (um überall hin- und zurück zu finden)
  5. Hüttenschlafsack (nicht jedes Bett will man direkt berühren)
j. das Heimweh:
oh ja, das hat man auch manchmal!
wenn Triviales nicht so läuft wie geplant,
wenn man bei einer anstrengenden Bergwanderung Tee und Reis vorgesetzt bekommt anstatt Most und Jause,
wenn man das Gefühl, dass Einheimische ständig versuchen einen abzuzocken,
wenn man in eine neues Land einreist,
und wenn man zu viel Kontakt mit zuhause hat ;)


2 Kommentare:

  1. Hallo ihr Beiden!

    danke fuer den schoenen text, ich hab schmunzeln muessen da ich mich in einigen eurer Erfahrungen durchaus reinversetzen kann. Wir bekaempfen unser Heimweh nun bald mit unserer Rueckkehr, Anfang Jaenner sind wir wieder in AT. Wann ist eure Heimkehr nun eigentlich geplant? Oder laesst ihr euch noch treiben?

    Jedenfalls wuenschen wir euch noch eine gute Zeit und Frohe Weihnachten, bis bald in Oesterreich!

    LG,
    Andreas & Iris

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  2. PS: Parabéns! Feliz aniversário para ti, caro Heike

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