H&M on the road ....

Samstag, 6. April 2013

Kolumbien – Pirates of the caribbean V




Zum Abschluss unserer Reise begleiteten uns noch für 3 Wochen unsere Familie Monika, Hermann, Gitti und Walter in den Norden Kolumbiens. Und diese 3 Wochen waren vollgepackt mit Historischem, Abenteuer und Traumstrände. Aber der Reihe nach...

In Bogota wurde nicht lange Zeit verloren. Vom Flughafen ging es gleich direkt mit einem hoffnungslos überfüllten Colectivo (1. 'Kulturschock') ins Zentrum um schnell noch M's Geburtstag zu feiern, während es bald am nächsten Morgen ins nette Kolonialstädtchen Villa de Leyva ging. Neben atemberaubenden Panoramawanderungen, wunderschönen Gebäude, den größten Plaza des Landes hatte die Stadt noch etwas einzigartiges zu bieten: Bier vom Fass im 1-Liter Gebinde. Dieses Lokal im Herzen Villa de Leyvas gehörte natürlich einem Bayer.



Danach steuerten wir San Gil an. Dem Fahrstil unseres Chauffeurs nach, dürften wir uns in einem Fluchtwagen befunden haben. Nach halsbrecherischen 2 Stunden verloren wir zur Krönung in einer Rechtskurve nur unser linkes Vorderrad und dabei glücklicherweise nicht die Kontrolle über das Fahrzeug. Als wir jedoch den Ersatzreifen begutachteten, war sich keiner (inkl. Fahrer) sicher, ob wir heil im noch 15km entfernten San Gil ankommen würden. Doch wir hatten Glück und saubere Straßen die dem beschädigten 'Slick-Reifen' gut gesinnt waren.
Im Queenstown Kolumbiens konnten wir unsere Gäste zu einer feuchtfröhlichen Raftingtour überzeugen. Nach vielen skeptischen Blicken bei der Einweisung und noch mehr von diesen Blicken auf die gleich vom Start sichtbaren Stromschnellen hatten nach kürzester Zeit alle einen Mordsspaß im kühlen Nass. Dies war gleichzeitig die Feuertaufe und Probe, was man der älteren Generation alles zumuten konnte. Zu diesem Zeitpunkt wussten sie selbstverständlich noch nicht, was noch alles auf sie zukommen würde. 

Am nächsten Tag bewanderten wir den historischen Camino Real. Ein mehrere hundert Jahre (keiner weiß das so genau) alter, gepflasterter Gehweg, der die angeblich schönste Kolonialstadt Kolumbiens Barichara mit dem Kaff Guane verbindet. Mittlerweile hat man eine alternative Route gebaut, die sogar mit motorisierten Fahrzeugen benutzt werden konnte. Auf dieser ging es für uns wieder retour, denn sowohl die Hitze als auch die Dunkelheit ließen keine andere Wahl.


Nach einer Eingewöhnungsphase im Hochland ging es via Nachtbus an die Karibikküste. In Santa Marta verbrachten wir die ersten Tage an den verschiedensten, zum Teil abgeschiedenen Stränden, um uns für die kommenden 2 Tage im Nationalpark Tayrona zu stärken.

Der Nationalpark war ein besonderes Fleckchen Erde. Mehrere Stunden wanderten wir durch den Regenwald der sich von den Bergen bis zum Meer ausstreckte, damit wir völlig verschwitzt an einem der schönsten Strände Kolumbiens gelangten. Zum Glück sind die Strände im Nationalpark nicht per Auto erreichbar, jedoch gab es noch viele viele andere Verrückte, die die gleichen Strapazen auf sich nahmen. Der atemberaubende Strand war jede Mühe wert.
Wie bei Festivals in den alten Zeiten schlief man mit den Gleichgesinnten in einer unstrukturierten Zeltstadt. Nur waren früher die Zelte nicht so löchrig und die Spinnen und Mosquitos nicht so groß und gefährlich. Allerdings konnte man einst sein Zelt nicht direkt am Strand beziehen.
Die Verpflegung kam direkt aus dem nahen Gewässer und mit den gebratenen Bananen war der Fisch ein wahrer Geschmacksorgasmus.

Zurück in der Stadt nahmen wir Männer uns Zeit um gemeinsam mit einigen Kolumbianern ein Qualifikationsspiel für die Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien anzusehen. Nach jedem der 5 Tore begann es ausgiebig zu schneien, allerdings wollten wir die kolumbianische Gastfreundschaft nicht komplett ausnutzen und wir blieben bei unserem Bier.



Als nächste Destination im Norden stand das ausgesprochen hübsche Cartagena auf dem Programm. Unter den Spaniern war Cartagena de Indias neben Buenos Aires die wichtigste Hafenstadt im damaligen Kolonialreich.
Sämtlicher Waren- und Sklaventransport wurde über den Hafen Cartagenas abgewickelt. Das schnelle Anwachsen der Stadtfläche und noch mehr des Reichtums, zog Piraten, Franzosen und Briten magisch an um zu Plündern. Nach anfänglichen Erfolgen der Angreifer antwortete Spanien mit dem größten je gebauten Fort in ihren Kolonien. San Felipe wurde in nur einem Jahr von hunderttausenden Sklaven errichtet und war über Jahre hinweg der Garant für die Sicherheit Cartagenas.

In und rund um Cartagena gab es so viel zu tun, dass wir unser Lager gleich für mehrere Tage mitten in der historischen Altstadt aufschlugen.
Zuerst charterten wir Boot, welches uns zu den Islas del Rosario brachte, wo beste Tauch- und Schnorchelspots auf uns warteten. Nach den 2 ausgezeichneten Tauchgängen konnten wir noch einige Zeit auf der Insel chillen, bevor es wieder Richtung Festland ging.
Am nächsten Tag wurde die Stadt mal etwas genauer unter die Lupe genommen, ehe uns ein Bus zu einem nahegelegenen Vulkan kutschierte. Für ausgiebiges ‚im-Schlamm-suhlen’ war dieser Vulkan bekannt. Glücklicherweise hatte man richtig guten Auftrieb, denn angeblich sollte das Schlammbad 2300m tief sein. Wollte man nicht die ganze Zeit bis zum Hals in der Sch.... stecken, konnte man sich nur schwimmend fortbewegen. Wenn man versehentlich angerempelt wurde, war es kaum möglich das Gleichgewicht zu halten, weil kein fester Untergrund für Stabilität sorgte.
Dreckig bis in die kleinste Körperfuge durfte man anschließend in der nahen Lagune säubern.

Mit seidenweicher Haut befanden wir uns am nächsten Morgen im Bus Richtung Bahia Blanca. Dieser kitschige Strand sollte anscheinend der schönste in der Umgebung sein. Da zu diesem Zeitpunkt mit der 4-tägigen Semana-Santa die wichtigsten Ferien des Landes waren, konnten wir nicht erwarten, dass wir einen einsamen Strand vorfinden würden. Dass jedoch ganz Kolumbien hier die Ferien verbrachten, war ebenso nicht vorhersehbar. Zwischen 3pm und 10am war es glücklicherweise beschaulich ruhig, da die meisten Badegäste nur Tagesausflügler waren. Somit mieteten wir uns kurzerhand 6 muffige Hängematten und verbrachten die Nacht am Strand. Rechtzeitig zum Sonnenaufgang marschierten wir auf dem weißen Sand Richtung blaues Wasser um den Schlafentzug auszumerzen.
Erschreckend war der Anblick hinter den Kulissen. Hier war alles zugemüllt. Möglicherweise diente die Halbinsel generell als Müllendlagerplatz, jedenfalls würde das die fehlenden Mülltonnen und Müllabfuhr erklären.

Als letzte Destination stand mit dem Nationalpark Rio Claro ein wahres Naturjuwel auf der Agenda. Eine atemberaubende Höhlendurchquerung war das unbestrittene Highlight. Über  Millionen von Jahren hat das Wasser einen phänomenalen, surrealen 500m langen Tunnel in den Marmorberg gegraben. Diesen konnten wir mit Schwimmweste, Helm und Stirnlampe bewaffnet durchwandern, -krabbeln, -rutschen, -springen und -schwimmen.
Als Unterkunft diente ein cooles Holzhaus, welches keinerlei Fenster hatte, damit man die Geräusche der Jungeltiere nachts besser hören konnte. Unser mitgebrachtes Moskitonetz kam selbstverständlich dabei zum Einsatz.

Mit der Rückfahrt Richtung Bogota begann auch das Abschied nehmen von dem Leben auf Achse. In den 365 Tagen waren wir in der glücklichen Lage, jeden einzelnen Tag nur das zu tun, auf das wir gerade Lust hatten.
Auf alle Fälle behalten wir Kolumbien als eines der coolsten Länder in Erinnerung, die wir je bereist haben. Die größte Gefahr ist nicht die Kriminalität, die FARC oder die wahnwitzigen Busfahrten, sondern das ‚Dortbleiben’ wollen.

Ein riesiges Dankeschön an Monika, Hermann, Gitti und Walter, die aus unseren letzten drei Wochen einen schönen Reiseabschluss bereiteten. Mit Mut und Ausdauer stellten sie sich sämtliche Herausforderungen und waren stets mit Humor bei der Sache.







Mittwoch, 20. März 2013

Kolumbien – zu Besuch bei den Kaffeebauern



Endlich konnten wir die abgeschnittene Stadt Popayan mit dem Flugzeug Richtung Norden verlassen und über die nervigen Blockaden hinwegfliegen. 2 Tage später war dann der Spuk vorbei. Mit 800 Mio. Dollar Subventionen nur für das Jahr 2013 kaufte die Regierung die Straßen frei und der Kaffeestreik war Geschichte.
Nichtsdestotrotz waren wir zu diesem Zeitpunkt bereits auf dem Weg in die sogenannte Kaffeezone. Genauer gesagt nach Salento. Ein kleines Bergdorf mitten im Herzen der Kaffeeprovinz.


Die Fahrt dorthin widerspiegelte eine typisch kolumbianische Busfahrt. Ein Busfahrer mit Holzbeinen schaffte es trotz riskanter Überholmanöver nicht in der anvisierten Zeit anzukommen.
In den bisherigen Ländern Südamerikas wurden wir anscheinend etwas von den Bus- und Straßenbauunternehmen verwöhnt. Obwohl Kolumbien Mitglied in der IIRSA ist, eine Gemeinschaft einiger südamerikanischer Länder mit dem gemeinsamen Ziel (und brasilianischem Geld) die Verkehrsinfrastruktur bis 2030 perfekt für Gütertransport auszubauen, dürften bei den Investitionen bisher andere Prioritäten gesetzt  worden sein. Ab 2030 können dann problemlos Rohstoffe sämtlicher Länder schnell zu den Atlantik- und Pazifikhäfen gekarrt werden, um den europäischen und vor allem asiatischen Hunger nach Rohstoffen schneller stillen zu können.


So hat halt Kolumbien die Straßen die es hat. Wenn da, dann holprig, wenn nicht da, dann noch holpriger. Da fühlten sich die 40km/h wie 140 an und bei jedem der vielen unübersichtlichen Überholmanöver ging man beinahe in die Notlandehaltung beim Fliegen und dankte nach Beendigung des Überholvorgangs wen auch immer, dass man noch am Leben war. Es war unmöglich ein Buch zu lesen weil man stets die Zeile verlor, etwas zu essen weil man den Mund nicht traf oder zu schlafen weil man entweder vom Sitz rutschte oder vor Angst kein Auge zumachen konnte. Das zweite Übel sind die Rennfahrer die man hier Buschauffeure nennt. Es gibt nur Vollgas, Vollbremsung und sanfter Umgang mit der Kupplung ist ein Fremdwort. Und das dritte Übel sind die Flotten der Busunternehmen. Das Lateinamerikaner nicht die Allergrößten sind ist jedem bekannt, jedoch sind sogar die Zwergerlsitze für die Einheimischen zu klein. Allerdings bringt man so mehr Fahrgäste legal in die Karosse. Da klemmt man dann für mehrere Stunden in maximal zwei variablen Positionen....
Trotz allem haben wir bis jetzt alle Fahrten (mit Haltungsschaden) überlebt.

In Salento hatten wir eine wunderbare Zeit. Unsere Herberge war inmitten des Kaffeeanbaugebietes mit einer fabelhaften Aussicht. Neben dem Kaffee wuchs dort alles was das Herz begehrte: Bananen, Ananas, Avocados, Lulos, Guayabenas, Guaven, und noch mehr.





Natürlich bekamen wir eine ausführliche Einschulung in die Theorie, den Anbau, der Ernte, der gesamten Verarbeitung inkl. traditioneller Röstung und dem Genuss von unserem Lieblingsgetränk. 'Versehentlich' wanderten einige der besten Bohnen der Welt (Bourbon-Arabica) in unsere Taschen, um den Anbau in der Alpenrepublik zu testen. Zufrieden mit dem Wissen und der Beute wollten wir  die faszinierende Landschaft etwas genauer unter die Lupe nehmen. Mit Mountainbikes fuhren und verfuhren wir einen beachtlichen Teil rund um Salento ab. Immer mitten durch die Kaffeeplantagen.

In der Nähe von unserer Basis befand sich der Nationalpark Valle de Cocora mit seinen unendlich hohen Wachspalmen. Ein Jeep brachte uns mittels Außenstehplatz zu unserem Ziel. Der dortige Wanderweg führte uns mitten durch diese Palmenwälder und man verrenkte sich dabei beinahe die Hälse, während man über den Pfad stolperte.





Da Salento zu den schönsten Dörfern in der Kaffeezone zählte, konnte der nächste Stopp diese nicht wirklich toppen. Die Großstadt Manizales war nach der Ruhe einfach zu hektisch. 2500000  Menschen kleben mit ihren Häusern in den Hängen zweier hoher Berge. Das bisschen Ebene teilen sich Kirchen, Shopping Malls und Geschäftsbüros. Das vielleicht Interessanteste in Manizales ist ein Verkehrsmittel, dass wir Österreicher nur zu gut kennen: Gondeln. Neben Busse und Taxis gibt es im öffentlichen Verkehrsnetz auch 3 Gondeln.
Nach verkürztem Aufenthalt machten wir uns schleunigst auf den Weg nach Honda um dort ein paar chillige Tage in der hässlichen Kleinstadt zu verbringen. Einzig der kleine aber feine historische Stadtteil machte den Zwischenstopp zu einem Lohnenden. Allerdings kannte man innerhalb einer Stunde schon jedes einzelne Gebäude. So blieb uns nicht anderes übrig, als am großen Hotelpool die Zeit totzuschlagen.

Perfekt relaxt und ausgeschlafen führte uns die nächste beklemmende Busfahrt in die riesige Hauptstadt des Landes. In Bogota herrschte eine Hektik vergleichbar mit Buenos Aires oder Sao Paulo und man konnte meinen, täglich jeden einzelnen der 6,8 Millionen Einwohner zu Gesicht zu bekommen. Überfüllte Busse, überfüllte Straßen, überfüllte Geschäfte, überfüllte Restaurants, überfüllte Stadtplätze und überfüllte Gehsteige – einfach überall Menschen.
Trotz allem hatte die Stadt etwas sympathisches. Vor allem das historische La Candelaria und die moderne Zona Rosa schlossen wir sofort ins Herz.
In Bogota begann auch der letzte Abschnitt unserer Reise. Bevor allerdings unser mittlerweile gebuchter Flug in die Heimat auf die Startbahn rollt, wird noch einmal ausgiebig der Norden des Landes zusammen mit unserer Familie Monika, Hermann, Gitti und Walter unsicher gemacht. 


Montag, 4. März 2013

Kolumbien – etwas Geschichte, etwas Landschaft und viel Geduld


Hardfacts:
Einwohner: 28. Platz (46,4 Mio.)
Größe: 25. Platz (so groß wie Portugal, Spanien und Frankreich) 
Hauptstadt: Bogota
BIP: 33. Platz
BIP/Kopf: 76. Platz
Lebenserwartung: 73,4 Jahre
Regierungsform: Präsidialrepublik
Religion: 90% Christen, 8% Protestanten, 2% Atheisten
Nachbarländer: Panama, Venezuela, Brasilien, Peru und Ecuador
Nationalsport: Fußball und Radsport
Bekannte Persönlichkeiten: Simon Bolivar, Pablo Escobar (berüchtigster Drogenbaron), Carlos Valderrama
Rekorde: weltgrößter Kokainproduzent, kleinster Mann der Welt (70cm)
Kurios: keine Straße –>kein Sex – die Frauen wissen sich zu helfen; das Land ist nach Christoph Kolumbus benannt, obwohl er es weder entdeckt hat noch einen Fuß drauf setzte;


Wenn Kolumbianer über Land und Leute ihrer Heimat erzählen, das tun sie sehr gerne (und lange), erfährt man so einiges. Meist geht es um die Vorzüge der wirklich abwechslungsreichen Landschaften, wie man zu diesen kommt, ansonsten erläutern sie die Situation von Wirtschaft, Politik oder Korruption und das stets mit einer Brise Humor.
Wenn man im Duden das Wort 'sympathisch' nachschlägt, wird wahrscheinlich ein(e) KolumbianerIn abgebildet sein.


Dank des Präsidenten, der das Land mit eiserner Hand regiert, ist die Sicherheit kein Thema mehr. Mit Ausnahme des Südens und des Nordosten hat man die paramilitärische FARC zurückgedrängt, dezimiert und unter 'Kontrolle'.
Das war nicht immer so. In der Geschichte des Landes wurde viel Blut vergossen.
Von den Unabhängigkeitskämpfen angeführt von Simon Bolivar, über mehrere Bürgerkriege bis hin zu den Drogenkriegen.
Bei der Thematik Kokain steht man ziemlich in der Zwickmühle. Die USA, wo 90% des jährlichen Outputs weggeschnupft werden, übt viel Druck auf die Regierung aus, um den Anbau zu unterbinden. Viele US-Dollars, eine Militärausbildung und jede Menge 'Anti-Coca-Pestizide' kommen aus den Staaten. Allerdings hängen auch Unmengen an Arbeitsplätze direkt und indirekt an diesem Gewerbe. 410 Tonnen werden jährlich angebaut, geerntet, aufbereitet, transportiert, geschmuggelt und verkauft.
Neben der Kokainproduktion spielt die Nahrungsmittel- und Textilindustrie eine große Rolle. Auch Dank vieler Rohstoffe wie Smaragde, Kohle, Erdöl und Nickel wächst die robuste kolumbianische Wirtschaft kontinuierlich Jahr für Jahr. Das hat auch mittlerweile die EU erkannt und hat mit dem Land ein Freihandelsabkommen im Dezember 2012 unterzeichnet.

Bei den Dingen die man bis 60 erledigen sollte, können wir einen Punkt mehr abhaken.
Eine Grenze zu Fuß überqueren. In unserem Fall war es die Grenzbrücke Ecuador – Kolumbien. Bis auf ein paar Beamte waren wir komplett allein. Ebenso bei der freundlichen Grenzbeamtin. Ebenso bei der Fahrt in das nächste Dorf. Erst bei der Busfahrt in die nächstgrößere Stadt, gesellten sich ein paar Kolumbianer und 2 Kanadier dazu.
In der verschlafenen Andenstadt Pasto gab es noch nicht so viel zu tun, außer einer verregneten Stipvisite der Laguna de la Cocha auf 3000m Höhe.

In der wunderschönen Kolonialstadt Popayan war das schon etwas anderes. Natürlich stand eine ausgiebige Stadtbesichtigung inklusive Verkostung des ganzen Stolzes Kolumbiens auf dem Programm. Nein nicht Kokain! Kaffee – die besten und hochwertigsten Bohnen der Welt wachsen in Kolumbien. Begünstigt durch die Höhe und Nähe zum Äquator gedeihen hier wahre Wunderbohnen. Der einzige Wermutstropfen ist, dass das Beste vom Besten exportiert wird und es manchmal durchaus schwierig ist, einen leckeren Espresso zu finden.
Wie bei uns Himbeersträucher hat jeder am Land seine eigenen Kaffeesträucher im Garten und der servierte Frühstückskaffee ist dann ein wahrer Hochgenuss. Die Kunst des Kaffeeröstens über offenen Feuer konnten wir bereits erlernen.

Von Popayan aus unternahmen wir, nur mit den kleinen Rucksäcken bestückt, eine 6-Tagestour um die historischen Ausgrabungen rund um die Dörfer San Augustin, Tierradentro und die nicht historische Desierto de la Tatacoa zu besichtigen.

In den Gegenden um San Augustin und Tierradentro lebten ab dem 6 Jahrhundert v. Chr. bis zur Ankunft der Spanier eine mysteriöse Ackerbaukultur von denen eigentlich so gut wie nichts bekannt ist bis auf den hoch entwickelten Totenkult.
Zahlreiche Schachtgräber die über 5 Meter in die Felsen getrieben wurden dienten zur Aufbewahrung der Urnen. Zahlreichen monumentalen Steinskulpturen mit Götter- und Dämonendarstellungen standen in unmittelbarer Nähe zu den jeweiligen Ausgrabungen. Nachdem wir im Museum begutachten konnten, mit welchem primitiven Steinwerkzeug die Grabhöhlen in den Fels gegraben wurden, konnten wir uns in etwa vorstellen wie lange man da arbeitet.

Da die Ausgrabungsstätten in San Augustin sehr weit auseinander langen, sahen wir uns um ein geeignetes Fortbewegungsmittel um. Kurze Zeit später saßen wir schon jeder auf einem Pferd und jagten über Stock und Stein durch die atemberaubende Gegend. Oft konnte man nicht sagen, wer mit wem ritt, denn die Pferde taten nicht immer was man ihnen befahl.
Mit unserem fachkundigen Führer und Pferdezüchter Juan verbrachten wir einige interessante Stunden im Nirgendwo. Neben der mysteriösen Kultur erfuhren wir noch so einiges über den Kaffeeanbau und den Kaffeebauern, von denen eine Vielzahl vor einigen Jahren noch Cocabauern waren.

In Tierradentro konnten wir keine Pferde chartern, denn der 14km lange Rundweg, war teilweise so steil, dass man zu Fuß gehen musste. Auf dem Alto de Aguacate, dem höchsten Punkt des Weges mit den höchsten Ausgrabungen, hatte man einen fabelhaften Rundblick auf die umliegenden Andendörfer.
In den beiden Unterkünften bekamen wir stets den Frühstückkaffee mit Bohnen aus dem eigenen Garten traditionell aufgebrüht. Falls eines Tages die Kaffeevollautomaten Kolumbien erobern, dann würde man nie wieder etwas anderes trinken wollen.


Die kleine Tatacoa Wüste ist eigentlich gar keine Wüste. Wissenschaftlich gesehen ist es ein tropischer Trockenwald mit geringem Niederschlag. Sie erinnerte uns sehr an das australische Outback. Die rot-leuchtende Canyonlandschaft mit den Kakteen, mit der absoluten Stille und dem nächtlichen beeindruckenden Sternenhimmel. Die Sterne wirkten zum Greifen nahe.


Nach einer schweißtreibenden Wanderung zu natürlichen Quellen, konnte man sich mit Cerveza oder einem Sprung ins Nass abkühlen. Oder wie wir mit beidem gleichzeitig.


Schließlich und endlich ging es nach der Woche wieder zurück nach Popayan um unser restliches Gepäck zu holen. Auf der Busfahrt dorthin schwante uns schön Böses. Die Bestätigung erhielten wir bereits am Busbahnhof von Popayan. Sämtliche Verbindungen in den Norden waren mittels Straßensperren blockiert. Insgesamt mehr als 20 Blockaden waren/sind im ganzen Land verteilt. Verantwortlich für diese sind die hiesigen Kaffeebauern, die mit der aktuellen Lage des niedrigen Weltmarktpreises für ihr Produkt und der geringen Anhebung der Subventionen seitens der kolumbianischen Regierung nicht zufrieden waren/sind. Da die Regierung auf die utopischen Forderungen nicht eingehen wolle, dachten sich die Protagonisten: 'die Ernte ist vorbei, wir haben Zeit – streiken wir einfach mal'!


Nun darf man sich einen Streik in Kolumbien nicht wie einen in Europa vorstellen. Normalerweise legt die betroffene Interessengemeinschaft die Arbeit für eine bestimmte oder unbestimmte Periode nieder, um aufzuzeigen wie wichtig man für die Allgemeinheit ist. Da wahrscheinlich eine streikende Kaffeebranche niemanden auf der Welt interessiert (Ecuador exportiert auch guten Kaffee, sogar nach Kolumbien), musste man sich etwas Besonderes einfallen lassen damit man die Aufmerksamkeit aller darauf lenken würde. Und sie waren extrem erfolgreich.
So installierte man seit Ende Februar an strategischen Verkehrsknotenpunkten Straßenblockaden, um den Verkehr im Land komplett lahm zu legen. Nun, das ist nicht wirklich schwer, denn es gibt nur 1½ Nord-Süd-Verbindungen.
Eine beispiellose Aktion, die das Land in Zukunft sicher öfters erleben wird. Denn jede kleine Gruppierung weiß nun wie man Aufmerksamkeit erregt und seine Forderungen erpressen kann, oder auch nicht.

In unserer Stadt Popayan wurde die Situation schnell zum regionalen Problem. Zum einen kamen wir und andere nicht weg und andere, wie beispielsweise Transporte, nicht her. So war innerhalb kürzester Zeit kein Treibstoff, Obst und Gemüse, Milch, große Wassergebinde und vieles mehr nicht mehr verfügbar.
Der gesamtwirtschaftliche Schaden wurde noch nicht beziffert, dürfte aber beträchtlich sein. Neben den großen Unternehmen traf es vor allem viele Kleinbauern, denen die Ware im LKW verfaulte.



 Da half nach einer Woche (nur Mountainbiken wird auch langweilig) nur mehr die teure Flucht mit dem Flugzeug in die Hauptstadt Bogota um zu sehen, wohin man ohne Probleme weiterreisen konnte.