H&M on the road ....

Montag, 19. November 2012

Argentinien – von der 1. in die 3. Welt und wieder retour?



Hardfacts:
Einwohner: 41. Platz (40,2 Mio.)
Größe: 8. Platz
Hauptstadt: Buenos Aires
BIP: 27. Platz
BIP/Kopf: 58. Platz
Lebenserwartung: 76,52 Jahre
Regierungsform: Präsidiale Bundesrepublik
Religion: 90% Christen, 6% Protestanten, 4% teilen sich 2500 registrierte Kulte u. Religionen
Nachbarländer: Brasilien, Paraguay, Bolivien, Chile und Uruguay
Nationalsport: Fußball, Rugby, Pferderennen
Bekannte Persönlichkeiten: Che Guevara, Eva (Evita) Peron, Diego Maradona
Rekorde: 5 Präsidenten in 12 Tagen (2001)
Kurios: Porsche gegen Wein* (aufgrund eigenwilliger Methode für positive Handelsbilanz), 20262,8% Inflation im 3/1990, Kugelschreiber und Personentransport mit Bussen wurde hier erfunden


Viele Umstellungen warteten in Südamerika wieder auf uns. Die 3½ Monate in Ozeanien waren ja geprägt von Gemütlichkeit, Unabhängigkeit und Hyperflexibilität, die wir mit den Campervans genossen haben. Ab sofort heißt es wieder Rucksack packen und schleppen, in Hostels einchecken, die Antwort finden auf wo-und-was-essen, mit öffentlichen Verkehrsmittel fahren, usw...

Nach einem sehr laaaangen und spannenden Flug von Auckland nach Argentinien (mit Zwischenstopp im sommerlichen Sydney) landeten wir in Buenos Aires eine halbe Stunde früher als wir in Sydney weggeflogen sind. Hää? Wie geht das denn?
Nun ja, dank der überflogenen Datumsgrenze gewannen wir trotz 14-stündigen Flug eine halbe Stunde.
Mit dem 'Second-Hand-Flugzeug' von Aerolineas Argentina hatten wir viel zu lachen. Nicht nur das M's Sitzlehne von selbst immer nach hinten klappte oder der einzige Fernseher einen wunderbaren blaustich hatte, mussten viele Passagiere die Papiertüte gebrauchen. Vor allem hofften wir, dass diesmal genug Kerosin getankt wurde, damit wir es ohne Zwischenlandung über den Pazifik schafften. Aber aufgrund der zwangsläufig großzügigen Beinfreiheit (kein Schnickschnack - viel Platz) und der drei Quilmesbier schliefen wir wie die Murmeltiere.

In Buenos Aires, auch Paris Südamerikas genannt, schlugen wir gleich mal für 10 Tage unsere Zelte auf, denn wir hatten viel zu tun. Wir leisteten uns jeder einen Spanischlehrer um die Sprache wieder aufzufrischen (H) bzw. zu lernen (M). Die restliche Zeit erkundeten wir die riesige Stadt und sie hat architektonisch wirklich eine verblüffende Ähnlichkeit zur französischen Hauptstadt. Nur der Eifelturm und der Triumphbogen fehlen. Da die einstigen Hauptemigranten nicht Spanier sondern Italiener waren und diese auf keinen Fall die typischen spanischen Kolonialbauten wollten, kopierten sie einfach den barocken Stil der Franzosen.
Buenos Aires gefiel uns außerordentlich gut, obwohl zu dieser Zeit eine Hitzwelle war, die Müllabfuhr streikte, unser iPod gestohlen wurde und Protestmärsche gegen die Regierung waren. Speziell letzteres machte uns neugierig und wir unterhielten uns viel mit den Einwohnern BA's, recherchierten in den (wirtschafts-)historischen Museen und nutzten die Medien.

Argentinien hat wirklich eine turbulente Vergangenheit und stieg mehrmals wie Phoenix aus der Asche. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war es sogar eines der reichsten Länder unseres Planeten. Korrupte Politiker wechselten sich mit unfähigen, machthungrigen Militärdiktatoren ab, um das Land 2001 endgültig in den Bankrott zu führen. Danach galt Argentinien als Musterbeispiel der wirtschaftlichen Wiedergeburt. Doch aktuell steht das Land wieder vor schwierigen Zeiten, da die Staatschefin Christina Kirchner einige fragwürdige Entscheidungen trifft, welche In- und Ausland verärgern, und auch der damalige wirtschaftliche Aufschwung nicht so rosig war, wie er allen verkauft wurde. Mit gefälschten volkswirtschaftlichen Daten hielt man die Gläubiger (allen voran den IWF) bei Laune...klingt irgendwie griechisch?!


Danach ging es per Nachtbus weiter nach Puerto Iguazu an die brasilianisch-paraguayanische Grenze, um den größten Wasserfall der Welt zu betrachten.
Die Frage ist natürlich: wie definiert man den größten Wasserfall der Erde?
Nach der Höhe? Der Weite? Der Wassermenge?
Fakt ist: der Höchste ist er nicht, aber er ist überaus spektakulär und man konnte den ganzen Tag damit verbringen, durch den dazugehörigen Nationalpark bei 35°C und 90% Luftfeuchtigkeit zu wandern und die unzähligen Wasserfälle aus den verschiedensten Perspektiven zu betrachten.

Besonders 'nett' sind die Eintrittspreise bei Argentiniens Sehenswürdigkeiten, welche für Ausländer in der Regel das dreifache der Inländertarife betragen!


Auf den Weg zu den Anden nach Salta machten wir noch einen 2-tägigen Zwischenstopp in San Ignacio, wo wir die Überreste der über 300 Jahre alten Jesuiten Missionen besichtigten. Diese kamen um der indigenen Bevölkerung die katholischen Gebräuche überzustülpen. Dabei waren sie äußerst erfolgreich, denn weit über 100000 Anhänger wohnten, arbeiteten und beteten in den 33 Reduktionen (Missionsstätten). Anfangs gern gesehen von der spanischen Krone, später am Höhepunkt fürchtete diese die Macht der Jesuiten und schickte Soldaten um sich dem Problem zu entledigen.
Aber nicht nur wegen den Ruinen zahlte sich der Aufenthalt im verschlafenen San Ignacio aus, sondern auch wegen des verträumten Rio Parana (2. länster Fluss Südamerikas) und dessen malerischen Panorama.

Etwas makaber sind die Friedhöfe in diesem Land. Je nach Wohlstand werden pompöse Krypten gebaut, wo die Särge der jeweiligen Familie einfach in Regale gestellt werden. An manchen einsamen Friedhöfen ist dann öfters die Eingangstür aufgebrochen und die Sargdeckel liegen kreuz und quer. Hmmm - Untote oder doch Grabräuber?

In Salta angekommen, trafen wir zum dritten Mal zwei deutsche Gleichgesinnte (Lara und Johannes) und beschlossen kurzerhand uns für 2 Tage gemeinsam ein Auto zu mieten, um die Anden ein wenig besser kennen zu lernen.
Es war unbeschreiblich. Dieses Gebirge ist faszinierend, hoch und bunt. Manche Berge sind 7-färbig. Erst wenn man auf den Hochplateaus in 3500m Höhe steht und die umliegenden Gipfel betrachtet, wird einem bewusst, wie hoch eigentlich 6500m hohe Berge sind.
Mittels einer Passstraße (4170m ü.d.M.) erreichten wir die Salinas Grande. Dies ist ein ausgetrockneter Salzsee bzw. eine 535km² große weiße Salzkruste.
Die Mädels hatten zwar etwas Probleme mit der Höhe, aber durch das im-Mund-zergehen-lassen von Kokablättern wurde dieses gelöst.

Am nächsten Tag ging es weiter nach Cachi, wo wir eine der schönsten Straßen (Schotterpiste) der Welt benutzen mussten. Manchmal war die Passstraße etwas brenzlig, weil sie an manchen Stellen sehr eng war und der Abgrund dabei gefährlich nahe kam.
Aber es war einmalig. Überall wuchsen riesige Kaktus, einsame Gauchos ritten durch die Sierra, Lamas liefen wild umher und immer der Rundumblick auf die hohen, unbewachsenen Berge.



Samstag, 3. November 2012

Neuseeland - die Nordinsel



Also fassen wir zusammen, was die britischen Siedler in den 1820er Jahren bei der ersten großen Kolonialisierungsphase alles nach Neuseeland verschifften:
Pflanzen, Tiere, Werkzeug, Waffen, Religion, Mut und natürlich jede Menge Regen!

Während der Fahrt mit der Fähre Richtung Nordinsel kam der Wetterumschwung. In den ersten 10 Tagen hatten wir entweder Regen oder Wind, oder beides zur selben Zeit. Somit mussten wir viele unserer geplanten Aktivitäten canceln und die wenigen niederschlagsfreien Stunden vollpacken mit Tätigkeiten, für die wir die Regenjacken im Rucksack lassen konnten.
Der meteorologisch negative Highlight war die Nächtigung auf dem Vulkan Mt. Egmont in 1100m Höhe. Der Schneesturm setzte gegen 1 Uhr ein und brachte unser Wohnmobil dermaßen zu schwanken, dass es sich anfühlte als würde es umkippen. H hatte bereits vor Sturmbeginn nicht gut geschlafen, da es sich bei dem Vulkan noch um einen aktiven handelt.

So kam es, dass wir nach 3 Tagen bereits in Rotorua waren und nur a) ein regnerisches Wellington erkundeten, b) den nassen 'Forgotten-World-Highway' abfuhren und c) einen verregneten Lake Taupo zu Gesicht bekamen.
Neben der faszinierenden Landschaft während diesen ominösen 150km langen Highway passierten wir die kleinste Republik der Welt.
Die Republik Whangomomona hat aktuell 27 Einwohner und die Einreise kostet NZD 3,50/Person. Allerdings hat der Teilzeitzöllner nur am Wochenende Dienst und die Durchreise ist (wenn man nicht erwischt wird) gratis. 1989 wurde die Republik aufgrund von regionalpolitischen Zerwürfnissen von den damals 173 Einwohner ausgerufen. Heute wird der Unabhängigkeitstag alle 2 Jahre mittels riesigem Volksfest gefeiert und lockt mehr als 5000 Besucher an.
Lake Taupo (größter See Neuseelands) ist wie die meisten anderen Seen auf der Nordinsel ein mit Wasser gefüllter Krater eines aktiven und/oder nichtaktiven Vulkan. Dieser ist aktiv und 1½ so groß wie Wien, was bedeutet: man sollte bei einem neuerlichen Ausbruch nicht unbedingt in der Nähe sein! Aufgrund der miserablen Wettervorhersage dort, konnten wir die wahrscheinlich beste Wanderung Neuseelands nicht in Angriff nehmen: den Tongariro Alpine Crossing!

In Rotorua hatten wir eine erste Begegnung und ein Wiedersehen:
Zum ersten Mal fühlten wir die Wucht eines 45sec. langen Erdbebens, auch wenn es nur 5,7 auf der Richterskala anzeigte. Aber es schaukelte schon gewaltig im Wohnmobil.
Das Wiedersehen mit der Sonne, ließ uns gleich aktiv werden und die Gegend erkunden. Wir kamen zum Schluss, dass die Stadt auf einer tickenden Zeitbombe steht. An einigen Straßen und Hauseinfahrten sind Risse wo es heraus dampft oder in Kanaldeckeln kann man das kochende Wasser hören und sehen. In manchen Gärten und Parks sind kochende Schlammlöcher und in der ganzen Stadt riecht es nach faulen Eiern. Warum? – weil es in dieser jungen geothermischen Landschaft von Vulkanen nur so wimmelt.

Via dem coolen Hot Water Beach (hier gräbt man sich am Strand bei Ebbe ein eigenes Loch und lässt sich von der aufsteigenden heißen Quelle den Popo verbrühen) und dem Shakespeare Nationalpark ging es schnurstracks nach Northland. Endlich spielte das Wetter nicht mehr verrückt und wir konnten uns so richtig austoben. Rauf auf Berge, rein in finstere Glühwürmchenhöhlen nur mit Stirnlampen bewaffnet, mit dem Mountainbike quer durch die Landschaft und und und.


 

 Aber der Tag bei den Poor Nights Islands war unschlagbar oder wie die Kiwis gerne sagen: AWESOME!
Dieses Meeresschutzgebiet zählt zu den 10 besten Tauchspots unseres Planeten. Die Unterwasserwelt bei den vulkanischen Inseln bot nicht nur das klarste Wasser in dem wir je getaucht sind, sondern auch ein extravagantes, buntes Labyrinth aus Bögen, Höhlen und Tunneln und einer große Vielfalt an Meeresbewohner die teilweise sehr großgewachsen waren. Riesige Mantarochen und kleine, schlafende Haie konnten wir dabei aus der Nähe beobachten. Spektakulär war auch die Höhle in sieben Meter Tiefe, in der wir keinen Sauerstoff aus unseren Flaschen benötigten.

Mit diesen Eindrücken ging es ganz in den Norden zum spirituellen Cape Reinga und den dazugehörenden 90-Mile-Beach (Sandstrandautobahn – nur bei Ebbe befahrbar). Da wie die meisten Autovermieter auch unserer (vertraglich) nicht begeistert war, wenn man da hochfährt buchten wir eine Tour.
Zeitig am nächsten morgen fanden wir uns in einem Bus wieder deren Fahrgäste einen Altersdurchschnitt von 65 Jahren hatte. Wir und der Fahrer senkten diesen Schnitt maßgeblich.
Wir hatten das außergewöhnlich Glück, dass noch 2 Plätze frei waren, denn die restlichen waren für einen Pensionistenverein aus Whangarei vergeben. Es wurde im Bus gesungen, bei jeder Toilette angehalten, jede Fahrpause ausgedehnt und bei einem Eiscremeshop stürzten sie sich wie Wölfe auf die Leckereien. Die Ärzte der Pensionisten hatten danach sicher allerhand zu tun um die Werte wieder gerade zu bügeln ;)
Allerdings machten viele auch beim Sandboarden und Dünensurfen auf den riesigen Sanddünen beim 90-Mile-Beach mit! Und da musste man immerhin ohne Lift hinauf...

Zu guter Letzt verbrachten wir die restlichen Tage in Auckland. 30% der Neuseeländer wohnen in der ehemaligen Hauptstadt, welche übrigens an 7. Stelle rangiert bei den lebenswertesten Städte der Erde. Und das ist nicht übertrieben.
Parks gibt es quasi an jeder Ecke und die beiden Häfen (Tasmansee und Pazifik sind hier nur einen Steinwurf voneinander entfernt) tragen ihres zu diesem gemütlichen Flair bei.
Viele Städte prahlen damit, sich neben einem Vulkan zu befinden – Auckland wurde auf 53 (aber nicht mehr alle sind aktiv) erbaut!!

Die beste Aussicht hat man vom höchsten Gebäude Neuseelands – dem Skytower (328m). Aber man würde nicht in Neuseeland sein, wenn nicht alles irgendwie ein wenig verrückter ist. Ehe wir uns versahen, befanden wir uns schon angebunden wie im Hochseilgarten auf einem 1m breiten Steg ohne Handlauf um den Turm in 192m Höhe zu umrunden und das 360° Panorama zu genießen. Das nannte sich dann Skywalk.


Mit vielen schönen Erinnerungen und Fotos verlassen wir nun Neuseeland und Südamerika wartet auf uns.

Die Neuseeländer sind uns mit ihrer offenen, hilfsbereiten Art wirklich ans Herz gewachsen. Vielleicht deswegen, weil sie uns Österreichern in einer Sache wirklich sehr ähnlich sind. Wie auch wir haben die Kiwis einen großen Bruder.
Mit was lässt sich wohl am treffendsten das Verhältnis der Neuseeländer zu ihrem Nachbar Australien vergleichen? Genau: mit dem Verhältnis von Österreich zu Deutschland. Zwar trennt die zwei Länder die Tasmanische See und nicht die Salzach und der Inn und doch irgendwie fühlt man sich an die ständigen Sticheleien erinnert. Die beiden Staaten pflegen äusserst friedliche Beziehungen. Mit Erfolgen in der sportlichen Arena können die Kiwis immer wieder jene Beachtung finden, die ihnen im Schatten des 'großen Bruders' anderswo verwehrt bleibt. Segeln und Rugby sind da nur einige Beispiele. Wie die Briten über die Iren, die Franzosen über die Belgier oder wir Österreicher über die Deutschen Witze erzählen, tun dies die Neuseeländer über die Australier, ohne wirkliche Animositäten zu verspüren.

Bis Bald in Argentinien